Jeder ist seines Glückes Schmied oder kann man Glück lernen?

Den Ausspruch „Jeder ist seines Glückes Schmied“ kannte man schon bei den alten Römern. Im dritten Jahrhundert vor Christus taucht der Satz beim damaligen Konsul Appius Claudius Caecus auf. Noch heute prägt sie unsere Auffassung vom eigenen Glück, die da wäre: jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich. Laut der Redensart, dürfe sich der Mensch, um Erfüllung und Zufriedenheit zu erlangen, nicht auf den Zufall oder die Hilfe anderer verlassen. Mit Ausdauer und Mühe könne jeder sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und glücklich werden. Soweit so gut. Wäre da nicht das Leben. Was ist mit all den Schicksalsschlägen, den nicht gewonnenen Lottogewinnen und dem kleinen Wörtchen „wenn“?

Wenn ich den Porsche in der Garage stehe hätte, wenn mich meine Eltern auf eine bessere Schule geschickt hätten, wenn ich einen anderen Job hätte, wenn ich ein klein bisschen mutiger wäre, wenn ich nur 5 kg weniger hätte …. dann, ja dann wäre glücklich sein so einfach.

Wovon hängt unser Glück ab – Gene, Geld, Gedanken?

Wovon hängt unser Glück denn nun ab? Können wir es selbst in die Hand nehmen oder dominieren äußere Umstände oder sogar unsere Gene, ob und wie glücklich und erfüllt wir im Leben sein können? Diese Frage hat sich 2005 auch eine Forschergruppe um die bekannte Professorin Sonya Lyubomirsky aus Kalifornien gestellt und dabei drei Bereiche identifiziert, die für das eigenen Glückserleben und die Lebenszufriedenheit entscheidend sind:

  • die innere Einstellungen, Ziele, Haltungen, Denkmuster
  • die Lebensumstände (Geld, Lebensort, Gesundheit etc.)
  • die Gene

Was schätzen Sie, zu welchem Anteil Ihr Glück von diesen drei Faktoren abhängt? Die Antwort mag überraschend klingen: Die Hälfte unseres Glücks bestimmen laut der Studie unsere Gene.
Scheint Ihnen viel? Extrovertierte Menschen sind beispielsweise glücklicher als introvertiertere Personen, da sie typischerweise mehr soziale Kontakte haben, sich häufiger mit Freunden treffen und somit auch mehr Möglichkeiten haben, schöne Dinge zu erleben. Anders sieht es für emotional labilere Menschen aus. Sie sind in der Regel weniger glücklich, weil sie häufig anfälliger für Selbstzweifel und Ängste sind.
Die zweite Hälfte teilen sich die Lebensumstände und unsere innere Einstellung – und zwar im Verhältnis 1:4 sprich 10% machen die Lebensumstände aus und 40% unsere Einstellung. Ob ich einen Porsche oder einen klapprigen Fiat Punto fahre, ob ich verheiratet oder Single bin, sogar ob ich gesund oder im Rollstuhl sitze machen nur 10% meines persönlichen Glücksgefühls aus! Wer hätte das gedacht? Eine Studie amerikanischer Psychologen im Jahr 1978 ergab beispielsweise, dass Lottogewinner nach rund einem Jahr nicht glücklicher waren als Vergleichspersonen. Trotz eines positiven Ereignisses, das uns mit Hochgefühlen belohnte, kehren wir bald wieder zu unserem emotionalen Normalzustand zurück. Dieses Phänomen wird in der Psychologie hedonistische Habituation genannt.
Wonach sollen wir dann streben, wenn uns nicht mal der Lottogewinn dauerhaft glücklich macht? Und hier kommt die gute Nachricht: Oft klopft das Glück schon bei uns an die Tür und wir merken es gar nicht. 40 % des Glücksempfindens entsteht durch unsere innere Einstellung, also dadurch wie wir die Welt wahrnehmen und auf was wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Wenn wir unser Glück nur im Außen suchen, in der Gehaltserhöhung, in der Schönheits-OP oder im nächsten Urlaub, dann verpassen wir vielleicht die leisen Augenblicke des Glücks. Wir sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht – oder noch schlimmer, wissen gar nicht wonach wir suchen.

Wann haben Sie das letzte mal herzlich mit einem guten Freund gelacht? Wann haben Sie sich die Sonne ins Gesicht scheinen lassen und hatten einen Augenblick Zeit nur für sich allein? Wann waren Sie zuletzt dankbar für einen schönen Moment den Sie erleben durften? Was sind ihre kleinen Momente des Glücks?

Halte dein Glück fest

Leider lässt sich Glück nicht konservieren – es ist ein flüchtiger Zustand. Aber Glück lässt sich kultivieren. Ein Vorschlag: Schreiben Sie Ihre Glücksmomente zwei Wochen lang jeden Abend auf. Ertappen Sie sich selbst beim glücklich sein. Es könnte sein, dass dabei etwas sehr Schönes passiert: die Glücksmomente werden von Tag zu Tag mehr.

Unser Glück ist veränderbar. Jeder von uns kann sein Glück selbst in die Hand nehmen. Machen Sie mehr aus Ihren 40%! Wie? Finden Sie für sich heraus, was Sie zufrieden macht, was ihrem Leben Sinn gibt und probieren Sie das aus. Wir können unser Glück aktiv beeinflussen, aber jeder muss sein eigenes Glück finden oder um im Bild des Hufschmieds zu bleiben: jeder kann das heiße Eisen so schmieden, dass es für sein Leben und seine Persönlichkeit bestmöglich passt.

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Quellen:

  • Brickman, P., Coates, D., & Janoff-Bulman, R. (1978): „Lottery Winners and Accident Victims: Is Happiness Relative?“; Journal of Personality and Social Psychology 1978, Vol. 36, No. 8, 917-927
  • Diener, E., Lucas, R. E. (1999b). Personality and subjective well-being. In D. Kahnemann, E. Diener & N. Schwarz:Well-being: The foundations of hedonic psychology, 213-229
  • Lyubomirsky, S., Sheldon, K. M, & Schokade, D. (2005). Pursuing happiness: The architecture of sustainable change. Review of General Psychology, 9(2), 111-131.