Vorsicht. Erhöhte Ansteckungsgefahr.

Seien wir mal ehrlich, so ein bisschen nervös macht es ja schon – wieder eine neue Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus, der immer näher kommt. Seit dieser Woche bis vor die eigene Haustür. Es gibt Pressekonferenzen, die „Task-Force Infektiologie“ arbeitet auf Hochtouren und vielleicht haben Sie in diesen Tagen ja auch schon mal das eigene Befinden kontrolliert und sind im Geiste durchgegangen, mit welchen Personen Sie direkten Kontakt hatten (und ob die vielleicht nicht doch irgend etwas mit China am Hut hatten…).

Irgendwo zwischen Sensationslust, einem diffus unguten Gefühl im Bauch und der Schlagzeile, dass in deutschen Apotheken der Mundschutz ausverkauft ist, kann man wunderbar beobachten, wie die offiziellen Stellen versuchen ruhig, souverän und gelassen zu wirken und jeglichen Eindruck von Angespanntheit oder Stress zu vermeiden. Warum eigentlich?

Die Antwort ist relativ klar. Sie wissen intuitiv, dass Anspannung und Stress ansteckend sind und Menschen in Stress und Angst leichter in Panik geraten und das tut weder uns noch ihnen gut.

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Stress ist ansteckend.

Eine andere Person in einer stressigen Situation zu beobachten kann ausreichen, damit der eigene Körper das Stresshormon Kortisol ausschüttet (vgl. Engert et al. 2014). Diese Form des Stresses wird empathischer Stress genannt und tritt besonders häufig auf, wenn Beobachter in einer engen Beziehung zu der gestressten Person stehen, also beispielsweise in einer Paarbeziehung. Aber selbst wenn wir fremde Personen lediglich auf einem Bildschirm sehen, kann uns das bereits in Alarmbereitschaft versetzen — die emotionale Verbundenheit ist also keine zwingende Voraussetzung für empathischen Stress, macht diesen nur wahrscheinlicher. Umgekehrt heißt das aber, dass selbst Fernsehsendungen, die das Leid Anderer zeigen, Stress bei mir verursachen können; ganz zu schweigen von genervten Großstädtern in der U-Bahn und gehetzten Kollegen, die in den Fluren an uns vorbeirauschen. Selbst wer ein relativ entspanntes Leben führt, kommt ständig mit gestressten Personen in Berührung. Ob bei der Arbeit oder im Fernsehen: Irgendwer hat immer gerade Stress, und dieser kann auf die Umwelt abfärben — nicht nur gefühlt, sondern auch körperlich messbar als erhöhte Konzentration des Stresshormons Kortisol. Interessanterweise ist in diesem Zusammenhang an einem Vorurteil aus wissenschaftlicher Perspektive nichts dran: Männer und Frauen reagierten gleich häufig mit empathischem Stress. In ihrer Selbstwahrnehmung schätzen Frauen sich zwar als empathischer ein als Männer dies tun, bisher konnte das jedoch noch in keiner Studie, die objektive biologische Marker verwendete, nachgewiesen werden.

Keine Geschlechterunterschiede: Männer und Frauen reagierten gleich häufig mit empathischem Stress

In unserer von Stress geprägten Gesellschaft ist dieser empathisch vermittelte Stress ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Er erhöht das individuelle Stresslevel und verstärkt so die negativen, gesundheitsschädlichen Folgen von Stress. Stress ist heutzutage einer der wichtigsten Krankheitsauslöser, weit vor jedem Coronavirus, SARS oder der Vogelgrippe — auch weil er physische und psychische Probleme verursacht.

Wie schütze ich mich und meine Mitmenschen vor Stressansteckung?

Es ist klar, dass wir im Alltag nicht jedem Stress aus dem Weg gehen können und nicht jeden stressigen Einfluss von unserer Umgebung oder anderen Menschen vermeiden können. Wir können uns aber vor vielen Stress-Einflüssen besser schützen, indem wir uns diese erst einmal bewusst machen und dann Wege finden, wie wir anders damit umgehen können. Auch kann es helfen für nicht vermeidbare stressige Umgebungseinflüsse einen Ausgleich zu finden.

Eine gute Möglichkeit ein klareres Bild zu bekommen, wie bei uns Stress entsteht, ist ein Stresstagebuch zu führen. In diesem machen Sie sich idealerweise mindestens 1 Woche lang jeden Abend kurze Notizen zu jedem Stressor bzw. Stresssituation, die Sie erlebt haben mit den folgenden Fragen:

  • Wann und wo war die Stresssituation, was genau hat den Stress ausgelöst?
  • Was habe habe ich in der Situation gefühlt?
  • Was habe ich ich in der Situation gedacht?
  • Was war habe ich in der Situation gemacht?

Oft können Sie aus diesem Stresstagebuch mehr Klarheit darüber gewinnen, was die Stressursachen und ihre typischen Stressmuster sind und diese dann gezielt zu verändern. Um dann in Zukunft die Welt in allen Lebenslagen mit ihrer guten Laune anzustecken…

Übrigens, wenn Sie mehr darüber lernen möchten, wie Sie Stress besser bewältigen und sich davor schützen können, finden Sie in unserem Online Stresskurs viele hilfreiche und wissenschaftlich fundierte Techniken dazu. Den Link zum Kurs finden Sie hier:

Quellen:

  • Engert, V., Plessow, F., Miller, R., Kirschbaum, C., & Singer, T. (2014): Cortisol increase in empathic stress is modulated by social closeness and observation modality. Psychoneuroendocrinology.
  • Brauchle, M., Brauchle, G. (20143): Achtung Ansteckungsgefahr. Im OP 2013; 3(01): 21-24