Wie ein gemeinsames Verständnis von Werten, Stärken und Team-Purpose die Unternehmenskultur stärken und die Zusammenarbeit fördern kann

Alles eine Frage der Erwartung

Mitarbeiter sind hochmotiviert bei der Arbeit, die Stimmung ist produktiv und offen, Teams organisieren sich eigenständig, arbeiten effektiv zusammen und finden produktive Lösungen von allein. Und dann klingelt meist der Wecker, seufz. Ist dieser Traum fast jeden Unternehmers überhaupt realistisch? Aus eigener Erfahrung als Führungskraft und Seminarleiter für Purpose Bootcamps lautet meine Antwort „Ja“.  Aber das hängt vielleicht sogar noch mehr mit einem gewissen Menschenbild zusammen … und einem klassischen Phänomen. Aber jetzt mal der Reihe nach.

Auf die Gefahr hin naiv zu klingen: Ich bin überzeugt davon, dass die meisten Menschen im Kern versuchen, Gutes zu leisten und anderen nicht zu schaden – im Privaten wie in der Arbeit. Als soziale Wesen brauchen wir das Wohlwollen Anderer, und unser Selbstwertgefühl hängt meist davon ab, ob unser Verhalten unser wahres Ich erkennen lässt, ob wir uns also guten Gewissens im Spiegel in die Augen sehen können. Das soll nicht heißen, dass die meisten Menschen nicht zu Bösem fähig wären oder es keine gefährlichen pathologischen Fälle wie Narzissmus oder Psychopathie gäbe. Die Betonung liegt auf „die meisten“ und „im Kern versuchen“. Viele Versuche werden durch kritische Erfahrungen der Vergangenheit erschwert oder scheitern am Umfeld– sprechen Sie mal mit einem Therapeuten.

Und da wir gerade vom Umfeld sprechen: Stellen Sie vor, Ihnen gibt jemand das Gefühlt, dass man Ihnen bei Ihrer Arbeit nicht trauen kann, kontrolliert sie ständig, missbilligt ungefragte Eigeninitiative und bestraft unvorhersehbare Fehler. Und dann stellen Sie sich jemand anderen vor, der Ihnen den Sinn und das Ziel des Unternehmens zeigt und dann freie Hand lässt, die Stärken Ihres Teams einzusetzen, um neue kreative Lösungen zu finden, Ihnen hilft aus Fehlern zu lernen und Hürden zu überwinden. Bei wem würden Sie sich mehr einbringen? Ihre Antwort darauf beschreibt das Phänomen der sich selbsterfüllenden Prophezeiung, bzw. eine Unterform davon, den sogenannten Pygmalion-Effekt: Wenn ein Lehrer oder Vorgesetzter Potenzial in einem Schüler bzw. Mitarbeiter vermutet, wird dieses Potential sich auch wahrscheinlicher entwickeln. Und trotz Kritik an der ursprünglichen Studie gibt es genug Belege, dass die Erwartung, die wir an Andere stellen, Einfluss auf deren Leistung und Erfolg hat.

Natürlich sind nicht alle Mitarbeiter immer motiviert und manchmal passt ein Teammitglied auch nicht ins Team. Und natürlich gibt es Phasen eines Unternehmens in denen eine klare Ansage von oben nötig ist, und autoritäre Entscheidungen gefällt werden müssen. Und natürlich wirken auch Angst und Bestrafungen als Motivatoren. Aber es gibt bessere Alternativen. Und immer mehr Führungskräfte erkennen die Notwendigkeit, das Konzept von Arbeit und Zusammenarbeit unter dem Begriff #NewWork an geänderte Herausforderungen der Gesellschaft anzupassen.

Sinnvolle Ansätze

Es geht dabei nicht nur um den großen Wandel von einer hierarchisch geprägten, autoritären Organisation mit strikter Arbeitsteilung hin zu einer modernen Organisation, Zusammenarbeit und Führung. Viele kleine Veränderungen, fehlende Innovation oder auch Unternehmenszusammenschlüsse, wirtschaftliche Krisen und Pandemien stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen, die selten „Top-down“ gelöst werden können. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Ebenen einer „Purpose-driven Organization“ berücksichtig (mehr Details dazu hier).

3 Ebenen einer Purpose-Driven Organization

Warum Purpose? Nun, eine häufige Annahme ist, dass Menschen die mit Ihrem Beruf ihrer „Leidenschaft“ folgen auch am meisten leisten – oder um das in die Sprache unseres zentor Modells für ein erfülltes Leben zu übersetzen: Menschen die auf die Glücksquelle Engagement abzielen. Morten Hansen von der UC Berkeley hat diese Annahme einmal in einer Studie mit 5.000 Teilnehmern untersucht. Und in der Tat zeigten diejenigen, die mit der Arbeit ihrer Leidenschaft (Engagement) folgen, eine höhere Arbeitsleistung als die, die es nicht tun. Diejenigen, die allerdings hohen Purpose erkennen waren sogar noch produktiver als diejenigen, die Engagement spüren (die höchste Ausprägung zeigte sich, wenn beides erkennbar war: Purpose und Engagement).

Mitarbeiter die Purpose in Ihrer Arbeit erkennen, leisten sogar noch mehr als diejenigen die „nur“ Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben.

Der Schlüssel 

Um die Zusammenarbeit im Team zu fördern, braucht es sowohl eine sinnstiftende Mitarbeiterführung als auch ein gemeinsam entwickeltes Verständnis im Team, für welche Werte es steht, und welche Stärken sich zu welchem Ziel (und Sinn) einsetzen lassen. Nur wenige Führungskräfte zeigen intuitiv ein „Purpose-Driven Leadership“, insbesondere wenn noch unklar ist, welche Rolle der eigene Purpose dabei spielt (wie dieser gefunden werden kann, zeigen wir z.B. hier). Aber selbst, wenn die Führung gelingt, braucht ein Team eine gemeinsame Grundlage für nachhaltig effektive Zusammenarbeit. Ein ganz wesentlicher Bestandteil sind dabei geteilte Werte, die über Floskeln hinausgehen und wirklich eine Identität schaffen können – als Tipp geben wir in unseren Purpose Bootcamps dabei immer: „wenn niemand widersprechen kann, sind Werte nicht präzise genug formuliert“. Diese Werte dürfen natürlich auch nicht im Widerspruch zu gelebten Unternehmenswerten stehen, sollten aber trotzdem dem Team als eine Art eigenständige Leitplanken dienen. Noch wichtiger als Werte ist allerdings ein gutes Verständnis für die speziellen Stärken des Teams, und mit welcher Wirkung diese eingesetzt werden können. Die Stärken sind meist schwieriger zu erkennen, lassen sich aber meist aus prägenden Team-Momenten der Vergangenheit ableiten. Zu guter Letzt braucht es einen gemeinsam erlebten Team Purpose, also eine Aufgabe, Zweck oder ein Warum, dass der Arbeit des Teams tieferen Sinn verleiht. In unseren Workshops entwickeln wir gemeinsam mit den Teams ein erstes Purpose Statement Draft, das soweit wie möglich aktuelle Aufgaben und Projekte aufgreift und sich in Bezug zum Company Purpose stellen lässt.

Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Team sind geteilte Werte, und der effektive Einsatz der Teamstärken für eine sinnvolle Aufgabe.

All diese Ansätze lassen sich in einem 1-2 Tagesworkshop anhand bewährter Methoden aus der Coaching Praxis und wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Glücksforschung gut kombinieren und für die verschiedensten Anwendungsfälle effektiv einsetzen.

Hier einmal ein paar Beispiele, wie unser „Purpose Bootcamp“ in verschiedenen Firmen zum Einsatz kam (jeweils mit Link zur Case Study dazu):

Bei Deloitte Digital wurden Kernwerte und Stärken neu ausgerichtet und aktuelle Projekte darauf hin evaluiert, wie diese zu einem Erleben von Purpose beitragen. Das Ziel war die Förderung eines modernen Leadership Ansatzes mit intrinsischer Team Motivation.

Nach dem Merger von mydays mit Jochen Schweizer wurden High Potentials aus beiden Organisationen im Rahmen eines Führungsnachwuchskräfte-Trainings auf der Suche nach individuellem Purpose begleitet, um eine gemeinsame Firmenkultur und Purpose-Driven Leadership zu fördern.

Der Versicherer LV1871 nutzte das Purpose Bootcamp als Angebot zur Stärkung der psychischen Resilienz für Ihre Mitarbeiter und als Pilotprogramm im Rahmen der Produkterweiterung für Versicherungskunden.

Im Werk1 wurden in einem ersten Seminar Team-Werte, Stärken und Purpose in Bezug zum Company Purpose gestellt und Ergebnisse daraus für die Strategie und OKR Planung abgeleitet. In einem Folgeseminar wurden Teilnehmer bei Ihrer Suche nach individuellem Purpose begleitet.

Kein Blindflug

Eine Herausforderung bei so abstrakten Themen wie Unternehmenskultur oder dem Begriff Purpose ist immer die Frage, ab wann eine Intervention notwendig wird, und wie sich der Erfolg einer Intervention messen lässt. Gerade in Zeiten von Home-Office, Remote Work, dezentralen Teams wird es immer schwerer, die aktuelle Stimmung, Unternehmenskultur und das Purpose-Empfinden der Mitarbeiter zu erkennen. Viele Unternehmen verwenden bereits „Pulse Checks“ oder bewährte Tools zur Messung von Unternehmenskultur. Leider gibt es kaum standardisierte Messmethoden von Purpose oder dem übergeordneten Begriff der Erfüllung. Als Folge haben wir mit dem zentor Purpose Score (ZPS) einen eigenständigen Survey entwickelt und wissenschaftlich validiert, der u.a. Aufschluss über das Purpose-Erleben und die Entwicklung über die Zeit ermöglicht. 

Selbstverständlich erfassen wir den ZPS in unseren Purpose Bootcamps, Seminaren und Onlinekursen und nutzen diesen zur Erfolgsmessung und kontinuierlichen Verbesserung der Intervention.

Wenn Sie Interesse an einem unverbindlichen Gespräch zu unseren Purpose Bootcamps haben, rufen Sie uns gern an unter der 089/32405287 oder schreiben Sie uns an purpose[at]zentor.me

Quellen und weiterführende Literatur

  • Hansen, M. (2018). Great at work: How top performers work less and achieve more. New York: Simon & Schuster.
  • Jussim, L. (2017). Précis of Social Perception and Social Reality: Why accuracy dominates bias and self-fulfilling prophecy. Behavioral and Brain Sciences40. https://doi.org/10.1017/S0140525X1500062X
  • Livingston, J. S. (1988). Pygmalion in Management Harvard Business Review. Retrieved from https://studydaddy.com/attachment/36551/nzpyqfkxkp.pdf
  • Thorndike, R. L., Rosenthal, R., & Jacobson, L. (1968). Pygmalion in the Classroom. American Educational Research Journal5(4), 708. https://doi.org/10.2307/1162010
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Pygmalion-Effekt
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